Die Visualität der Theorie vs. Die Theorie des Visuellen

Symposium

Mit Martha Rosler, Diedrich Diederichsen, Tom Holert, Christian Kravagna, Renata Salecl, Martin Conrads, Beatrice von Bismarck und Hito Steyerl
Konzept: Nina Möntmann, Dorothee Richter

12. / 13. Oktober 2002

Das Symposium steht in Zusammenhang mit dem Symposium Im(Be)Griff des Bildes III
Mit Ruth Noack, Sylvia Pritsch und Moira Zoitl
Konzept: Sigrid Adorf, Kathrin Heinz und Dorothee Richter

19. Oktober 2002

Mit den Symposien setzt die Kuratorin des Künstlerhauses eine Programmarbeit fort, die künstlerische Arbeit und Ausstellungsstrategien reflektiert.

Im Rahmen des Symposiums Die Visualität der Theorie vs. die Theorie des Visuellen diskutieren internationale Künstler und Wissenschaftler eine "Politik des Bildes" und die Chancen einer aufklärerischen Bildproduktion:

In den frühen neunziger Jahren plazierte sich eine kritische, politisierte, projekt- und theorieorientierte Kunst, die zu dieser Zeit einen Gegenbewegung zur expressiven und bildhaften Phase der achtziger Jahre markierte. Die diskursiven Themen der Arbeiten und Ausstellungen bezogen sich auf Machtverhältnisse und Identitätsbildung beispielsweise innerhalb des Postkolonialismus, oder auf Wirkungsweisen von Institutionen, etc. Die betreffenden Positionen werden heute teilweise von denselben, aber auch von jüngeren Akteuren, aufgegriffen, in "Retro"-Prozessen untersucht und weitergeführt. Dabei wird die in den 90er Jahren "vernachlässigte" bzw. bewusst heruntergeschraubte visuelle Seite mit neuem Gewicht auf das Erscheinungsbild der Arbeiten eingeführt. Dieser Vorgang, der möglicherweise das kritische Potential der Bewegung einebnet oder kritisiert, wie in Konzepten des "pictorial" oder "visual turn", andererseits aber die Verbindung von kritischen Tendenzen in einen historischen Zusammenhang stellen möchte, ist Gegenstand des Symposiums.
Themen sind sowohl die Diskursverläufe der theoretischen Perspektiven über Visualität und das Visuelle, als auch das bildhafte Auftauchen von theoretischem Material, Schrift und Politik im Tableau von Ausstellungen und Kunstprojekten. Unter Berücksichtigung diskursiver Prozesse zum gegebenen Zeitpunkt soll eine Art Bilanz des Übergangs von einer Kunst, die theoretisches Interesse mit einer Bildlosigkeit verband, hin zu einem bildproduzierenden und bildanalytischen Diskursfeld versucht werden. Dabei sollen auch Begriffe wie "visual turn" und "visual culture" generell überprüft wernde. Eine häufig geäußerte Kritik ist beispielsweise, dass "visual culture" lediglich "cultural studies" im neuen Gewand darstellen würde. Gab es eine Art "Unzufriedenheit" im theoretischen Feld, die eine neue Benennung verlangte? Und welche gesellschaftspolitischen bzw. theorieimmanenten Fragen und Thesen ergeben sich aus den Neuformierungen dieser Begriffe?
Im Praxisfeld stellt sich die Frage nach veränderten Produktionsprozessen von Kunst, nach den Inhalten von Projekten und danach, welche Bedeutungsveränderungen sich für politische Forderungen ergeben. Wie werden Inhalte vereinnahmt und verändert? Welche Formen der Repräsentation werden in Frage gestellt und welche dem kunstgeschichtlichen Kanon nei hinzugefügt? Welche medialen Konventionen der Präsentation werden beibehalten, welche hinterfragt?
Diese und andere Fragen könnten als Grundlage zu einer Vorausschau auf die Möglichkeiten einer zeitgenössischen Bilderpolitik dienen.

Anlässlich des Symposium wurde der Band Die Visualität des Theorie vs. Die Theorie des Visuellen herausgegeben, welcher die wichtigsten Tagungsbeiträge beinhaltet.